Montag, 7. Juni 2010

Buch 1, Seite 120-129, Klaus Kolbe

Der Lichterbogen "AGRICOLA"
In der Werkstatt des Meisters Klaus Kolbe entstand im Laufe eines Jahres ein herausragendes Beispiel Seiffener Handwerkskunst. Der Lichterbogen ist eine gelungene Komposition aus Mechanik, Holz und Licht. Es werden das Leben und die Umgebung des Bergmannes zur Zeit des Agricola in lebendiger Form dargestellt.
Der Meister hat seine Arbeit dem Wirken des Universalgelehrten gewidmet. Dieser lebte von 1494 bis 1555. Agricola gilt als Begründer der modernen Montanwissenschaften und war auch als Arzt, Pharmazeut, Pädagoge, Philosoph, Historiker, Geograph und Philologe tätig.
Als Lichterbogen oder auch Schwibbogen wird heute im Erzgebirge ein beleuchteter Bogen aus Holz oder Eisen mit Erzgebirgs-, Bergbau- oder Krippenmotiven genannt. Der Begriff "Schwibbogen" kommt ursprünglich aus der Architektur und bedeutet "freitragender Schwebebogen". Zu Zeiten des Bergbaus in Seiffen wurden um die Weihnachtszeit Lichter in die Mundlöcher der Stollen gehangen. Daraus entwickelte sich wahrscheinlich später der bekannte Schwibbogen als Tisch- oder Fensterschmuck.
Die in der Firma Klaus Kolbe gefertigten Bögen zeigen das weihnachtliche Seiffen für besinnliche Stunden.
Der Lichterbogen "AGRICOLA" ist der größte und wertvollste Bogen in einer Kollektion von ca. 30 weiteren Modellen des Meisters. Es werden insgesamt nur 100 Stück gefertigt.
Die Herstellung ist sehr aufwendig. Das Herz des Bogens ist die im Fuß befindliche Antriebsmechanik. Hier bewegen sich 17 schnurgetriebene Wellen und 5 Zahnräder; alle aus Holz gefertigt. Damit die zehn Figuren, das Wasserrad und die Förderanlage einwandfrei funktionieren, wird jede Antriebseinheit vom Meister auf das genaueste kontrolliert und justiert. Das Panorama Seiffens und die Figuren sind handgeschnitzt und handbemalt.
Dargestellt wird die letzte Schicht des Jahres, die sogenannte Mettenschicht. Am 23. oder 24. Dezember (von Revier zu Revier unterschiedlich) war für den Bergmann die Arbeit des Jahres getan. Dieses Ereignis wurde mit viel Licht begangen. Der Bergmann hing sein Geleucht am Mundloch des Stollens auf. Mit einer Ansprache, Gesang und Gebet dankte man dafür, im vergangenen Jahr von Unheil verschont geblieben zu sein. Im Bogen wird vom Brechen des Gesteins, über den Transport zum Füllort und ans Tageslicht bis zur Weiterverarbeitung im Pochwerk der Weg des Erzes gezeigt.
Über Tage sieht man das winterlich verschneite Seiffen mit einem Teil der Knappschaft. Gerahmt wird das Bild von einer Silberader und sieben "Freiberger Blenden".
Jede Figur hat seinen festen Platz und seine Bedeutung in der Darstellung. Eine kurze Bemerkung zu jeder Figur finden Sie auf den angrenzenden Seiten.
In einer solchen Gesamtheit ist die Darsellung in einem Schwibbogen einzigartig. Auf kleinstem Raum ist hier geschaffen, was sonst nur auf größeren Weihnachts- oder Heimatbergen zu finden ist.
Besuchen Sie den Meister und bestaunen Sie den Lichterbogen "AGRICOLA".
Die Bergleute des Agricola
Bergschmied
Er schmiedete die Eisen der Bergleute und hielt anderes Werkzeug und Gerät in Ordnung.
Steiger
Die Aufgaben des Steigers waren die Kontrolle und das Erfassen der Ergebnisse. Die Szene im Schwibbogen stellt die letzte Schicht des Jahres dar. Es werden die letzten Eintragungen geschrieben.
Bergzimmerling
Die Hauptstollen und die Mächtigkeiten der Erzadern mußten gegen Einsturz gesichert werden. Der Zimmermann benutzte vor allem frisches Fichtenholz.
Haspelknecht
Der Haspelknecht beförderte die gefüllten Erzeimer an das Tageslicht. Diese körperlich schwere Arbeit wurde manchmal auch von Wasserkraft oder Tieren verrichtet.
Feuersetzer
Um das Gestein mürbe zu machen wurde es erhitzt und mit Wasser abgeschreckt. Eine solche Feuerstelle ist in der Seiffener Binge noch zu sehen.
tragender Bergmann
Dort wo die Gänge zu eng waren, mußte das herausgeschlagene Gestein per Hand transportiert werden.
Hauer
Der Hauer war der, der die Erzader durch den Berg verfolgte und damit den Stollen vorantrieb. Manchmal war die Ader nur daumendick. Dann wurden die Gänge nur so groß, daß sich der Bergmann gerade hindurchzwängen konnte. Mit seinen einfachen Werkzeugen, Schlegel und Eisen, schaffte er ca. 3-4 m in dem harten Gestein in jedem Jahr. Er schlug bei seiner Arbeit ca. 30-40 Eisen pro Schicht stumpf.
Huntfahrer
Der "Hunt" war ein Transportmittel für Abraum und Erz unter Tage. Mit ihm konnte der Bergmann eine größere Menge zum Füllort bringen.
Karrenknechte
Das Erz wurde aus zum Teil sehr engen Stollengängen zum Füllort transportiert. Dazu nutzten die Bergleute unter anderem solche flachen und schmalen Hanfkarren. Wo man mit diesen nicht hingelangte, mußte das Erz mit der Hand bis zum Karren geschafft werden. Am Füllort packte man das Erz in die Eimer des Haspelknechtes der das Erz ans Tageslicht beförderte.

Klaus Kolbe, Steinhübel 31, 09548 Seiffen
Stand 1994, Autor M. Suchfort aus "Die Handwerker des Spielzeugwinkels"